Erstellt am: 26.09.2023 23:16
Von: Uta Rohrmann

Kategorie: Personen

Mit Zuversicht ins Pfarramt

Jonathan Hengel, Juliane und Jonathan Höfig sowie Jacob Wahl blicken zurück auf ihre Vikarszeit im Kirchenbezirk Backnang und ihre bewegende Ordination in der Stiftskirche. Und vorwärts in die Zukunft der württembergischen Landeskirche, die sie nun als Pfarrer in neuen Gemeinden mitgestalten.


Bild vom Ordinationsgottesdienst der vier Vikarinnen und Vikare im Kirchenbezirk Backnang (Bild: privat)

An einem warmen Septembersonntag fuhren sie nochmals zurück nach Backnang. Weil sie da was zu feiern hatten. Was Wichtiges. Was sehr Persönliches und doch öffentlich Relevantes. Nach all den Jahren Theologiestudium an der Uni und der anschließenden praktischen Ausbildung als Vikarin oder Vikar in einer Gemeinde des Kirchenbezirks Backnang war es jetzt so weit: In dem Ordinationsgottesdienst in der Stiftskirche wurden die vier jungen Leute in den Pfarrdienst berufen, die vor kurzem ihre erste Stelle angetreten haben: Jonathan Hengel in der Gesamtkirchengemeinde Mühlacker für Lomersheim und Lienzingen, Jacob Wahl in der Kirchengemeinde Roßfeld (Crailsheim) und Juliane und Jonathan Höfig gemeinsam in Pleidelsheim.

Die festliche Stimmung und die besonderen Momente in der Stiftskirche werden den vieren wohl noch lange in Erinnerung bleiben. „Es war schon bewegend, als all die Kirchengemeinderäte und die Ausbildungspfarrer gefragt wurden, ob sie das gutheißen können, ob wir befähigt sind für den Pfarrdienst. Und sie dann ‚ja‘ gesagt haben“, sagt Jacob Wahl. Dass außer Schuldekanin Silvia Trautwein, die die Ordinanden einsegnete, und Pfarrer Hans Joachim Stein, der als Dekansstellvertreter die Predigt hielt, unter den Gottesdienstbesuchern auch zahlreiche Vertreter aus ihren alten und neuen Gemeinden da waren, haben die frisch gebackenen Pfarrer als sehr stärkend erlebt. Auch, dass da jeweils die beiden Ordinationszeugen waren – Wegbegleiter, „sowas wie Taufpaten“, so Wahl - die einen Bibelvers als persönlichen Zuspruch für die neue, große Aufgabe mitgaben. Und das Ordinationsversprechen oder „Ordinationsgelübde“, wie es Wahl ausdrückt, - ist das nicht ein etwas hoher Anspruch? „Das ist in der evangelischen Kirche für Pfarrer und Kirchengemeinderäte fast gleich“, erklärt Jonathan Hengel. „Es ist zum einen klar formuliert, was meine Aufgabe ist, durch Formulierungen wie ‚Ich will meinen pfarramtlichen Dienst im Gehorsam gegen Jesus Christus nach den Ordnungen unserer Landeskirche tun‘, aber auch, dass der Auftrag begrenzt ist: ‚Ich will in meinem Teil dafür Sorge tragen, dass die Kirche… auf den Grund des Evangeliums gebaut werde‘“.

Alle vier haben die Vikariatszeit positiv erlebt. „Ich habe unglaublich viel gelernt“, sagt Hengel über seine Zeit in Steinbach und Sachsenweiler. Das Studium sei zwar ein wichtiges Fundament, aber das Handwerkszeug bekäme man erst in der Praxis mit. Dem stimmt Juliane Höfig zu: „Man lernt, wie man Gottesdienste, Konfi- oder Reliunterricht hält, mit Kasualien umgeht oder Gespräche führt.“ Ihre Ausbildungsgemeinde in Oppenweiler habe sie als experimentierfreudig erlebt. So habe sie Gottesdienstformate für unterschiedliche Zielgruppen kennengelernt. - „Ich habe viel erlebt, was gut funktioniert hat“, sagt ihr Mann Jonathan über die Organisation, Verwaltung und Leitung in seiner Murrhardter Ausbildungsgemeinde. „Da waren Leute, die das Sach geregelt kriegen.“ Ein Plus sei auch die Kirchenmusik unter Leitung von Kantor Gottfried Mayer gewesen. „Ich habe zum Beispiel die Bedeutung von Chören für Kirchengemeinden mitbekommen“, sagt Jonathan Höfig. Das Ehepaar ist sich einig, dass sie dadurch, dass sie in zwei verschiedenen Gemeinden waren, „extra viel gelernt“ haben. Auch die wöchentlichen Treffen als Vikarsteam seien sehr bereichernd gewesen. Man habe sich gegenseitig in den Gottesdiensten besucht und kollegial ausgetauscht. „Es war schön“, fasst Jacob Wahl seine Erfahrungen in Kirchenkirnberg und Fornsbach zusammen. „Ich hatte eine tolle Ausbildungsgemeinde.“

Und das, obwohl der Start des Vikariats im Frühjahr 2021 mitten in der Coronazeit durchaus herausfordernd war. „Es war schön, im zweiten Jahr zu erleben, wie das Gemeindeleben wieder aufblühte, Begegnungen wieder möglich wurden und die Sehnsucht da war, zusammen zu feiern“, sagt Ehepaar Höfig, das sich nun in Pleidelsheim die Pfarrstelle teilt. Dass die Gemeinde dort ein großes Technikteam und einen eigenen You-Tube-Kanal habe und so auch Höfigs Einführungsgottesdienst im Internet zu sehen ist, hat mit dem Innovationsschub während der Coronazeit zu tun. Und Jonathan Hengel weiß von einem Hauskreis junger Erwachsener zu berichten, der kurz vor Corona mit einem Jugendgottesdienst begonnen hatte. Pandemiegerecht traf man sich dann auf dem Stückle eines Gemeindeglieds zwischen Steinbach und Sachsenweiler, mit Sicht über beide Orte und die Kernstadt. „Ein sehr schöner Ort mit wunderbarer Kulisse“, schwärmt Hengel. Die Mitarbeitenden hätten im Freien die Technik aufgebaut und sich auch von winterlichen Temperaturen nicht abhalten lassen. „Da hat Gott gut gesegnet“, freut sich der junge Pfarrer.

Herausfordernd bleibt es. Fertig mit Lernen sind die junge Theologen, die jetzt eine neue Gemeindesituation vorfinden und für die die ersten drei Berufsjahre noch Probezeit sind, nicht. Und unter dem Stichwort „Pfarrplan“ stehen in den kommenden Jahren große Umstrukturierungen an – demografisch bedingt durch fehlenden Theologennachwuchs, gesellschaftliche Veränderungen und nicht zuletzt den kirchlichen Mitgliederschwund. Stellen werden gekürzt, Gemeinden teilweise zusammengelegt, weniger Hauptamtliche haben mehr Gemeindeglieder zu betreuen. Was für die ältere Pfarrergeneration eher eine Verlusterfahrung sei, nehmen die jungen Theologen, die „beruflich damit aufgewachsen“ sind, so Jonathan Höfig, mit Zuversicht wahr. „Mehr Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden ist die Perspektive, unter der wir unsere Arbeit sehen. Wir legen zusammen, was zusammen mehr Spaß macht und arbeiten heraus, was die einzelnen Gemeinden als Profil haben“, sagt Juliane Höfig. - „Wir haben jetzt die Chance, zu sortieren, was wirklich wichtig ist, was wir brauchen und wollen“, sagt Jacob Wahl. „Cool, dass ich da irgendwie mitarbeiten kann.“

Uta Rohrmann