Erstellt am: 05.01.2022 14:53
Von: Pfrin. Elke Gebhardt, Oppenweiler


Ich möchte fromm sein

Ein guter Vorsatz für das neue Jahr?


Ich möchte fromm sein!
Wäre das ein Vorsatz für das neue Jahr?
Oder klappt allein das Wörtchen „fromm“ Ihnen die Fußnägel hoch?

Es ist erstaunlich, welche Veränderung das Wort fromm im Laufe der Jahrhunderte durchlaufen hat und es steht dabei nicht alleine. Aus einer positiven Aussage kann eine werden, die einen negativen Beigeschmack hat, und umgekehrt geht es genauso. Das Wort „toll“ zum Beispiel wurde in der Vergangenheit mehr im Sinne von „verrückt“ gebraucht. Heute ist es ein Synonym für super, spitze, klasse. „Fromm“ meinte vor fünf Jahrhunderten „redlich, rechtschaffen, tüchtig“, und so ist es auch im Turnerspruch „Frisch, fromm, fröhlich, frei“ gemeint. Heute assoziieren wir: „freudlos, brav, bieder, altmodisch, alles verboten“, - manchmal auch frömmelnd oder bigottisch. Klar, dass das für heutige Menschen nicht so erstrebenswert, wenn nicht gar abstoßend ist.

Negativer Beigeschmack

Wodurch ist dieser negative Beigeschmack gekommen? In der Hauptsache werden es Menschen gewesen sein, denen es absolut wichtig war, sich nach Gott, zu richten. Von Gott wird uns in der Bibel berichtet, - und sie setzten manche Einzelsprüche der Bibel absolut. Es fehlte ihnen augenscheinlich die Wahrnehmung, wie lebensfeindlich die Wirkung ihrer Ansichten war, oder wie sie der biblischen Hauptlinie widersprachen. Für sie selber mag es stimmig gewesen sein, aber in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen und deren Wertevorstellungen, mit anderen Familien und deren Erziehungsmethoden wird es eine große Kluft gegeben haben. Das ist ur-menschlich, - wer´s besonders gut machen will, kann ganz leicht auf der anderen Seite vom Pferd fallen.

Aber ist darum die Aussage des ursprünglichen Wortes „fromm“ vom Tisch?

Ich möchte fromm sein. Ich möchte redlich, rechtschaffen, tüchtig sein – und das im Aufblick auf Gott, in der Auseinandersetzung mit seinen Maßstäben, die in der Bibel verbürgt sind. Ich möchte kritikfähig sein, wenn ich mir seine Gebote vornehme. Als Beispiel: Du sollst nicht stehlen. - Ich stehle doch nicht! Das hat mit mir gar nichts zu tun! Wirklich? Wie ist das mit meinem Einkaufsverhalten und den Billiglöhnen in südlichen Ländern? Wie ist das mit den ausländischen Pflegekräften bei uns und ihren Kindern daheim? Wie ist das mit dem Flächenverbrauch und der Natur? Wenn ich in diesen Bereichen redlich, rechtschaffen, tüchtig sein will, was hat das für Folgerungen für mich und meinen Geldbeutel?

 

Ich möchte fromm sein. Redlich, rechtschaffen tüchtig, - im Aufblick auf Gott.
Ich möchte fromm sein. Aber nicht eng.
Ich möchte fromm sein. Nicht nur 2022. Aber auch.

 

Pfn. Elke Gebhardt, Oppenweiler