Erstellt am: 06.02.2016 11:21
Von: Martin Kaschler, Pfarrer im Großaspach


Alles nur Worte?

Wie Worte das Klima vergiften oder die Saat legen für den Frieden im Sinne Jesu


Dass am morgigen Sonntag in vielen Gottesdiensten das sog. Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld als Evangelium zu hören sein wird, scheint mir sehr gut zum heutigen 30. Januar zu passen. Denn im Gleichnis Jesu geht es ums Säen und was aus der Saat wird. Der 30. Januar (1933): Noch immer wird dieser Tag in vielen Geschichtsbüchern mit Machtergreifung Hitlers überschrieben. Das aber kommt einer glatten Irreführung gleich. Vielmehr sollten unsere jungen Menschen lernen und darüber staunen, dass Hitler keinesfalls putschartig und unter Umgehung der verfassungsmäßigen Ordnung Reichskanzler wurde, sondern seine Partei von den Wählerinnen und Wählern zur stärksten gemacht wurde und mittels eines Koalitionspartners die Regierung bilden konnte. Von Machtergreifung keine Spur, „legaler Machtantritt“ muss vielmehr hinter den 30. Januar geschrieben werden; dass sich von Beginn unserer Bundesrepublik an der andere Begriff durchsetzte, sollte die wenig schmeichelhaften historischen Fakten wohl ein wenig beschönigen bzw. in Vergessenheit geraten lassen. Warum dazu das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld passen soll, mögen Sie sich inzwischen fragen? Kurz gesagt: Weil Hitler ernten konnte, was er gesät hatte, und weil die Vielen, die ihn wählend an die Macht brachten, zu lange nicht beachtet hatten, welche Saat in sie einzusäen sie den braunen Hetzern gestatteten – nun ging sie in ihren Seelen und Herzen auf und ließ ihre Hand an verhängnisvoller Stelle ein Kreuzchen machen. Im Gegensatz zu Hitler und Konsorten, die massenhaft und unablässig Samenkörner von Dornen, Disteln, Schling- und tückischen Giftpflanzen über die Menschen auskippten, ist der Sämann Jesu mit Weizenkörnern unterwegs, die das Brot von Morgen und mit ihm den Frieden von Übermorgen verheißen. Frieden wächst auf Brot, Unfriede hingegen auf dem Boden von Angst und Neid. Hitlers Hetze arbeite mit beiden – mit der Schlingpflanze Angst und mit der Giftstaude Neid. Beide säte er in den Lebensboden so Vieler ein, bis daraus hervorwuchsen die Angst, von böswilligen Nachbarvölkern umgeben zu sein, und der Neid auf alle Nachbarstaaten, denen es angeblich besser ging, weil sie Deutschland „nieder hielten, benachteiligten, unterdrückten“ ... . Heute mögen wir kaum mehr nachvollziehen können, dass Menschen auf einen solchen Budenzauber hereingefallen sind. Umso wichtiger scheint mir zu beachten: Was wir erlauben, dass unreflektiert in uns eingesät wird, wird keimen und wachsen und seine zweifelhaften Früchte hervorbringen. Gott hat uns ein Gegenmittel mit auf den Weg gegeben: Unseren Verstand. Mit ihm können wir prüfen, was Menschen sagen und behaupten. Nicht selten müssen wir aber zuerst unsere Vorurteile zur Seite räumen, um überhaupt prüfen zu wollen. Das ist oft der entscheidende Schritt, denn Vorurteile sind so unglaublich bequem. Und mit Vorurteilen und bequemen Wahrheiten wird derzeit reichlich und – wenn die Wahlumfragen stimmen - offenbar auch erfolgreich gearbeitet. PEGIDA und AfD fallen dabei besonders auf. Sie nutzen die Flüchtlingsfrage geschickt, um mittels der Schlingpflanze Angst und der Giftstaude Neid Stimmung zu machen. Ich bin aber guter Hoffnung, dass die meisten Menschen ihren billigen Budenzauber durchschauen werden. Hoffentlich! Martin Kaschler, Pfarrer im Großaspach

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