Erstellt am: 09.03.2016 23:38
Von: Pfrin. Tamara Götz, Backnang Matthäuskirche


Heute ist ein guter Tag

Postkarte von einem guten Freund


„Heute ist ein guter Tag für einen guten Tag!“, so steht es auf der Postkarte die ich von einem guten Freund bekam. Strahlend gelb ist sie und ein lachendes Gesicht dabei. Ein guter Tag…. Doch was braucht es für einen guten Tag? Das Wochenende? Den Kaffee am Morgen? Die Lektüre der Zeitung in aller Ruhe, nur für mich? Oder das Lieblingslied in voller Lautstärke? …. Was macht den Tag heute zu einem guten Tag? „Heute ist ein guter Tag für einen guten Tag!“ – dürfen, können das nur diejenigen sagen, die heute Geburtstag haben? Nur die, die keine Sorgen haben? Das frage ich mich besonders seit ich letzte Woche wieder Post von diesem Freund bekam. Er hat die Diagnose Krebs. Und „trotz allem“, so schreibt er selbst, will er nicht klagen. Er hofft, dass weiter und wieder gute Tage kommen. Dafür bewundere ich ihn und alle, die angesichts einer ähnlichen Diagnose oder eines schweren Lebenserfahrung dennoch nicht den Blick dafür verlieren wollen, was ihnen geschenkt wird, was diesen einen Tag zu einem guten Tag machen kann. Ist es nicht gerade das, was mir hilft, den Tag heute als guten Tag zu erleben? Zu sehen, was mir alles möglich ist – auch wenn es viel weniger ist als ich mir wünschte. Vielleicht beginnt es damit, mir zu überlegen, was mir wichtig ist. Auf die Tasse Kaffee am Morgen kann ich – zumindest für eine gewisse Zeit- gut verzichten; viele tun das gerade jetzt in der Fastenzeit und freuen sich am Osterfest wieder auf den ersten Kaffee- vielleicht bei Sonnenschein oder in fröhlicher Gesellschaft genossen. Und trotzdem sind die Tage, ist dieser Tag heute, nicht gleich ein schlechter Tag. Für einen guten Tag brauch ich weniger als das. Und gleichzeitig auch mehr. Das spüren wir gerade dann, wenn wir merken, wie zerbrechlich das Leben ist. Wohl deshalb feiern wir Jahr für Jahr Geburtstag, erinnern uns dankbar an die zurückliegenden guten Tagen, hoffen auf weitere, lassen sie uns wünschen – um die schlechten wissen wir so wieso. Doch nicht nur an unserem Geburtstag, auch heute, an diesem Samstag Anfang März, mitten in der Fasten- und Passionszeit werden wir daran erinnert, dass wir uns „trotz allem“ freuen dürfen – jeden Tag. Der Sonntag morgen trägt in der evangelischen Kirche den Namen „Lätare“ lateinisch „Freut euch!“ „Klein-Ostern“ wird der Sonntag darum auch genannt. Vielleicht überrascht das manchen. Mich erinnert es an meinen Freund, der mir trotz seiner Diagnose so zuversichtlich schreibt. Und ich will schauen, dass ich nicht nur morgen, sondern schon heute überlege, was ich tun kann, damit dieser Tag ein guter wird. Und ich will mich „trotz allem“ an ihm freuen. Die Karte mit diesem einen einfachen Satz hängt jetzt an meinem Badspiegel. Damit ich nicht nur heute sondern auch morgen und übermorgen und immer wieder weiß- „trotz allem“: „Heute ist ein guter Tag für einen guten Tag!“

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