Blumenzwiebel

Im November. Auf dem Friedhof.

Ein grauer Nachmittag. Im November. Auf dem Friedhof.

Sie hält die Blumenzwiebel in der Hand. Still. In Gedanken versunken.

Wie die anderen auch. Jede und jeder aus der Gruppe Konfirmandinnen und Konfirmanden mit einer Blumenzwiebel in der Hand.

Es sind seltsame Gedanken, die einem da kommen.

Im November. Auf dem Friedhof. Schwer, etwas dazu zu sagen.

Doch auch, wenn die Worte fehlen, soll die unscheinbare Zwiebel helfen und ermutigen, nicht nur auf das Offensichtliche zu pochen, sondern an das Unmögliche zu glauben, sagt die Pfarrerin.

Die Blumenzwiebel trägt Erde und Himmel in sich: Sie wird in die Erde gelegt, und wächst zum Himmel. Sie scheint tot, trägt aber Leben in sich. Sie zeigt: Leben im Tod ist möglich. Das Leben ist mit dem Tod nicht zu Ende. Es geht weiter, nur ganz anders.

Es ist ein Bild, das auf Jesus und seine Auferstehung hinweist. Auf das österliche Wunder. Und dem Grab als Ort, an dem neues Leben entsteht. Ein Leben, dem kein Tod mehr etwas anhaben kann. Die Botschaft, die die Kirche verkündet, von Jesus, der zusagt: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“

Die Zwiebel in der Hand glänzt fahl. Die Erde ist nass und kalt, als rund ums große Kreuz ihre und die anderen Zwiebeln in die Erde gelegt und vergraben werden.

Im November. Auf dem Friedhof.

Während die Gruppe weiter geht, vorbei an Gräbern mit Namen und Bildern von jungen und alten Menschen, Gräbern mit großen Steinplatten und schönem Blumenschmuck, manche schon verwittert, andere noch ganz frisch mit einem Erdhügel obendrauf, spürt sie es warm und tröstlich: Jeder, der traurig ist, weil ein lieber Mensch gestorben ist, alle, die die Erinnerungen an Wärme und Liebe vergangener Tage schmerzen, und jede, die Angst vor dem Sterben hat, darf auch gleichzeitig Hoffnung haben – darauf, dass das Leben mit dem Tod nicht zu Ende ist, sondern in verwandelter Form weitergeht.

Ein Gedanke, der Kraft gibt. Im November. Auf dem Friedhof.

Pfarrerin Tamara Götz, Matthäuskirche Backnang