Erstellt am: 21.01.2017 19:54
Von: Pfarrer Steffen Kaltenbach, Fornsbach-Kirchenkirnberg.


Noch ganz bei Trost?

Bilanz ziehen, was das Jahr gebracht hat.


Altjahrabend lädt zur Rückschau ein. Bilanz ziehen, was das Jahr gebracht hat. Da bleibt das Private vom großen Weltzusammenhang unablösbar. Ich sehe: Terror trifft jetzt auch Normalbürger. Ich ahne: Viele Menschen treibt die Sorge um das Ersparte um. Die Niedrigstzinspolitik nagt an der Vorsorge fürs Alter. Ich höre: Viele Menschen erzürnt der Krieg in Syrien, treiben Machtpolitiker doch weiter Menschen in die Flucht - auch zu uns. Und welchen Autofahrer lässt der Betrug bei Dieselmotoren kalt, wenn er auf bestmögliche Verbrauchs- und Abgaswerte hin sein Fahrzeug erworben hat? Als Asthmatiker im Diesel-PKW komme ich mir vor wie ein (Selbst-) Mörder auf Raten. Gerade, wenn Politik auf unser Leben trifft, frägt man sich: Sind die noch ganz bei Trost? Oder: Bin ich noch bei Trost? Gott spricht: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Die Jahreslosung 2016, die ich heute verabschiede, will ich mir nochmal zu Herzen nehmen. Ich will kein Muttersöhnchen sein, keine Heulsuse, aber Trost habe ich nötig. Trost angesichts trostloser Zustände in unserer Welt. Trost im Blick auf eine Kirche, in der man meint, die Felle schwimmen uns davon. Trost brauche ich in all den Momenten, in denen ich nichts ausrichten kann gegen Krankheit und Tod, gegen Ungerechtigkeit und Unfrieden, gegen Unzufriedenheit und Neid. Die breite Zustimmung für Politiker vom rechten Rand mag zum Teil vom Gefühl herrühren, sich anlehnen zu können an vermeintlich starke Persönlichkeiten oder an nationalistische Bewegungen. Alle schüren sie Verlustängste, führen Neiddebatten und fordern Ausgrenzung. Mir fällt da etwas Besseres ein: Martin Luther übersetzt mit „Tröster“ Gottes Geist. Gottes Geist aber ist ein Geist des Lebens, der Fülle, der Liebe, einer, der zusammenbringt statt spaltet, einer, dem das Gewerkschaftswort Solidarität gut steht. Und: Gott ist größer als alle Politiker der Welt. Bei ihm kann ich mich anlehnen, gerade in sorgenvollen Zeiten. Ich suche im neuen Jahr 2017 nach Spuren Gottes mitten im Leben, nach Schlagzeilen, die vom Zusammenhalt erzählen: Nicht gegen andere, sondern für eine lebens- und liebenswerte Welt. Mit Gottes Geist der Liebe im Herzen kann ich getrost das neue Jahr begrüßen. Steffen Kaltenbach, Pfarrer, Fornsbach-Kirchenkirnberg.

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