Zum Hauptinhalt springen Skip to page footer

Nächstenliebe großschreiben, Kirchenstrukturen verkleinern, Dekanat erhalten

Bei der Frühjahrssynode des Kirchenbezirks Backnang wurde über zukunftsweisende Entscheidungen nachgedacht

Die Gruppe SAM aus Sachsenweiler Steinbach brachte sich musikalisch ein.

Ein Blick ins Plenum

Verabschiedung von Diakon Gerhard Uzelmaier

Schuldekanin Silvia Trautwein, Dekan Rainer Köpf, Dieter Handel, 1. Vorsitzender der Bezirkssynode, und Tabea Lehmann, Verwaltungsbeauftragte des Kirchenbezirks, auf dem Podium der Bezirkssynode

Kirche ist nicht nur für ihre Mitglieder da. Sie hat auch einen wichtigen Versorgungsauftrag im kommunalen Raum. Im Rahmen der Frühjahrssynode des Evangelischen Kirchenbezirks in der Markuskirche Backnang erläuterte Reinhard Bihlmeyer die Arbeit des Kreisdiakonieverbandes Rems-Murr-Kreis (KDV), der der diakonische Dienst der evangelischen Kirchengemeinden ist. Der Beratungs- und Unterstützungsbedarf sei stark gestiegen. So seien 2022 5.234 Klientinnen und Klienten von rund 150 Mitarbeitenden an zwölf Standorten betreut worden, 2023 waren es bereits 6.863. Mit acht Millionen Euro Haushaltsvolumen, davon eine Million Euro Kirchensteuern, werden zahlreiche Fachbereiche finanziert. Eine zunehmende Rolle spiele die Lebens- und Sozialberatung, nicht zuletzt wegen steigender Lebenshaltungs- und Energiekosten, so der Verwaltungsleiter und stellvertretende Geschäftsführer des KDV. In der Schuldnerberatung habe der Landkreis zusätzliche Stellen geschaffen, die der KDV wahrnimmt, sodass das Angebot nun einigermaßen flächendeckend vertreten sei. Stark gewachsen sei auch der Bereich ambulant betreutes Wohnen und, gerade in Backnang, sozialpsychiatrische Hilfen. Hier nehmen Mitarbeitende des Kreisdiakonieverbandes zudem einen Klärungs- und Vermittlungsdienst wahr – und können damit manches Mal verhindern, dass die Polizei einschreiten muss. Ob mobile Dienste wie Essen auf Rädern, Notfallseelsorge oder Migrations- und Flüchtlingshilfe – „der Dienst am Nächsten orientiert sich am christlichen Menschenbild, ist für alle da und deckt Bereiche ab, die mit staatlichen Mitteln allein nicht machbar wären“, so Bihlmeyer. Als Beispiel für aktuelle Themen im Kreis nannte er unter anderem Fluthilfen, bei denen aus Mitteln der Diakonie Katastrophenhilfe und der Landeskirche 195 Trockengeräte, 259.000 € Soforthilfen und 146.990 € Einzelfallhilfen flossen und fünf Mitarbeitende psychosoziale Beratung vor Ort und in Schorndorf geleistet hätten.

Kirchenstrukturen ändern sich – es gibt nicht nur Pfarrpläne, nach denen Stellen von Hauptamtlichen in Kirchenbezirken gekürzt werden, aufgrund von Personalmangel, sinkender Mitgliedszahlen und Sparzwängen, sondern auch einen Dekanatsplan. Dekan Rainer Köpf erklärte den Delegierten bei der Bezirkssynode nun den Dekanatsplan 2030. Bis zu diesem Jahr soll es von derzeit 44 nur noch 27 Dekanate geben – ursprünglich waren es einmal 52 Dekanate. Im Rems-Murr-Kreis gibt es derzeit drei Kirchenbezirke mit drei Dekanaten. Ende 2026 endet der 10-jährige Dienstauftrag der Schorndorfer Dekanin Juliane Baur, deren Stelle dann ausläuft. Von den aktuell 300 Prozent Dekanatsstellen im Landkreis sind für die Zukunft 200 Prozent Dekanatsstellen vorgesehen. Wie aber soll das konkret umgesetzt werden? Damit befasst sich derzeit eine Steuerungsgruppe, bestehend aus den Dekanen und je zwei weiteren Vertretern der Kirchenbezirke. Deren Vorschlag: ein gemeinsames Dekanat Rems-Murr, das zwei Dekansstellen beinhaltet. Was heißt das nun für Backnang? Diese Frage hat OB Maximilian Friedrich bereits vor einem Jahr Sorge gemacht, nach Lektüre eines Artikels in der Stuttgarter Zeitung zur Waiblinger Bezirkssynode unter der Überschrift: „Backnang oder Schorndorf: Ein Dekanat entfällt“. Er schrieb an Landesbischof und Oberkirchenrat: „Die Möglichkeit, dass das Dekanat Backnang unter Umständen den Einsparmaßnahmen anheimfallen könnte, beschäftigt und besorgt mich sehr. Denn ein Wegfall des Dekanatamts in Backnang wäre nicht nur ein herber Verlust für den Kirchenbezirk Backnang, sondern vor allem auch für die stark bürgerlich-evangelisch geprägte Backnanger Stadtgesellschaft sowie die gesamte Raumschaft.“ „Das unterstreicht auch die Haltung, die wir in der Steuerungsgruppe haben“, so Köpf. Durch das Stift als geistliches Zentrum im Murrtal gebe es eine historische Beziehung, die identitätsstiftend sei, sagt der Dekan, der im ehemaligen Stiftsrefektorium wohnt und betont, wie gerne er in Backnang lebe. Nicht zuletzt spiele in der Bevölkerung auch die Verletzung eine Rolle, dass hier das Krankenhaus weichen musste, während Schorndorf seines behalten durfte. Über die zukünftige Struktur werde zunächst in den Bezirkssynoden und dann in der Landessynode beschlossen.

Besuch vom Oberkirchenrat bei der Backnanger Synode: Architektin Ute Lachenauer, Fachbereichsleitung Oikos, gab einen Überblick über die Immobilienstrategie für die Landeskirche. Die Begehungen aller kirchlichen Gebäude im Raum Backnang und deren bauliche Bewertung durch unabhängige Fachleute wurden bereits vor Monaten abgeschlossen. Bis Mitte Mai will der OKR für jede Immobile auf einer Seite pro Immobilie – „Cockpit“ genannt - alle relevanten Gebäude-, Haushalts- und Energiedaten zusammengestellt haben. Auf die besorgte Rückfrage von Murrhardter Delegierten bestätigte Lachenauer, dass definitiv nicht der Oberkirchenrat, sondern der jeweilige Kirchenbezirksausschuss in Abstimmung mit den Kirchengemeinden entscheiden werde, welche Kirchen, Gemeinde- und Pfarrhäuser sowie Kitagebäude abgegeben werden – dennoch schmerzlich: etwa 40 Prozent werden es sein. Dekan Köpf mahnte, schon jetzt die Zeit für Überlegungen zu nutzen: „Wir wissen ja, in welchem Zustand unsere Gebäude sind. Wir können auch ohne Cockpit fliegen“, schmunzelte er. 

Im Weiteren ging es um Wahlen und Personalveränderungen. So wurden die Modalitäten der Kirchenwahlen am 1. Advent erläutert, in den KDV wurde einstimmig Karl-Wilhelm Kaufmann von der Kirchengemeinde Allmersbach gewählt. Mit der Öffentlichkeitsarbeit von Pfarrerin Desiree Rupp wird es demnächst einen Kalender auf der Homepage des Kirchenbezirks geben, um Veranstaltungen in den einzelnen Kirchengemeinden zu vernetzen. Würdevoll in den Ruhestand verabschiedet wurde Diakon Gerhard Uzelmaier, langjähriger Vorsitzender der Mitarbeitervertretung im Kirchenbezirk Backnang.

Uta Rohrmann für den Kirchenbezirk Backnang